AKADEMISCHES

Neuspendergewinnung – Blick über die Alpen

Mailing

Der Fundraisingkongress in Österreich bot auch ein Seminar, das die Erfahrungen von vier Organisationen spiegelte, die mit verschiedenen Instrumenten neue Spender gewinnen. Außerdem wurde eine Studie zur Neuspendergewinnung veröffentlicht, die auch für deutsche Organisationen interessant sein könnte.

Georg Duit ist der Geschäftsführer der Firma fundoffice, eines Beratungsunternehmens für gemeinnützige Organisationen in Österreich und präsentierte am 7. Oktober 2013 einen Workshop zum Thema: „NeuspenderInnen – schon auf der Liste der bedrohten Arten?“. Zur Seite standen ihm dabei vier Kolleginnen und Kollegen von WWF, Licht für die Welt, Kindernothilfe und Amnesty International. Zuerst aber stellte er die Ergebnisse einer Befragung von NGOs in Österreich zum Thema Neuspendergewinnung vor. Von den 38 angeschriebenen Organisationen reagierten 20 und nahmen an der Umfrage teil. Das entspricht in etwa 15 – 20 Prozent des Spendenmarktes, denn unter den Befragten waren acht Non-Profits aus den Top 25 und 16 aus den Top 50 der Spenden sammelnden Organisationen in Österreich. In absoluten Zahlen vereinten diese Organisationen 180.000 Neuspender im Jahr 2012. Zum Vergleich: Österreich hat momentan etwa 8,5 Millionen Einwohner, also gerade mal etwas mehr als zehn Prozent der Bundesrepublik Deutschland.

Spendenbrief dominiert

Die Neuspender wurden zu 66,2 Prozent durch Direct-Mails, zu 12,9 Prozent durch Straßenwerbung und zu 7,1 Prozent durch Medienkooperationen (Beilagen) geworben. Sonstige Maßnahmen lagen bei 11,2 Prozent und Online nur bei 2,5 Prozent. Diskutiert wurde an dieser Stelle natürlich die Wahrnehmung, dass Menschen online auf die Spendenmöglichkeit aufmerksam werden und dann doch offline spenden, was aber methodisch nicht aufzulösen ist. Spannend ist dafür die zeitliche Rückschau, die bewies, dass in Österreich 2012 acht Prozent weniger Neuspender gewonnen wurden. Gleichzeitig gab Duit an, dass die Spendenhöhe bei Prospekt-Mailings seit 2008 um 20 Prozent gestiegen sei. Auch in Österreich ist also zu beobachten, dass weniger Spender mehr leisten. Momentan geht Duit von etwa 2.000 Spenden einwerbenden Organisationen aus, davon 400 die sich sehr professionell um Spenden bemühen. Dass die befragten NGOs ein ganzes Orchester von Instrumenten zur Neuspenderwerbung zum Klingen bringen, ist dabei eher selten. Man beschränkt sich auf zwei oder drei, was auch an den finanziellen Möglichkeiten liegt. Völlig außen vor ist übrigens die Telefonwerbung. Sie ist für Neuspenderwerbung, anders als in Deutschland, verboten, gewinnt aber für die Bedankung und Bindung eine entscheidende Rolle.

Geschenke wirken

Hannah Rinnhofer von der Kindernothilfe Österreich stellte zum Beispiel bei ihren Mailings fest, dass Afrika als Spendenziel wieder an Bedeutung gewinnt „Von Lateinamerika, besonders Haiti, wollen die Leute nix mehr hören“, stellte sie fest. Die Kindernothilfe ist natürlich bei medial begleiteten Katastrophen schnell mit Prospektmailings aktiv. Das würde auch sehr gute Returns on Investment (RoI) geben. Ohne diesen aktuellen Bezug setzt die Kindernothilfe bei der Neuspendergewinnung klar auf Incentives – also kleine Geschenke, die den Briefen beiliegen. Dabei machten sie auch sehr unterschiedliche Erfahrungen, etwa mit zwei Spendenbriefen für Straßenkinder. Einer mit einem Stück bedruckten Kartons, der symbolisieren sollte, wie das Obdach für diese Kinder aussieht und einer mit einem Halstuch made in China. Obwohl das Tuch eigentlich nicht zum Thema passte, kam der Spendenbrief deutlich besser an. Noch überraschender war das Ergebnis eines Mailings mit einem Stoffbären als Incentive für ein Kinderheim. Dieses Mailing war über zwei Jahre kostendeckend, weil es zwischen acht und neun Prozent Response generierte – bei kalten Adressen.

Beilagen wirken durch Redaktion

Birgit Linke von „Licht für die Welt“ stellte ihre Erfahrungen mit Beilagen in Medien vor. Sie experimentierte zum Beispiel mit der regionalen Verbreitung und den Inhalten der Beilagen. Für ein Spendenprojekt über Augenkrankheiten in Afrika stellte sie je nach Verbreitungsgebiet der Zeitung einen dort ansässigen und „Licht für die Welt“ unterstützenden Augenarzt textlich in den Mittelpunkt. „Das funktionierte sehr gut“, gab sie an. Noch besser funktionierten solche Beilagen allerdings mit einer parallelen Berichterstattung in der Zeitung. Das erhöhte den Response um bis zu zwei Drittel. Daneben erwähnte sie auch, dass diese Beilagen auch Bestandsspender zu Spenden animierten. Spannend auch ihre Zahlen zur Zweitspende. Während bei ihren Neuspender-Mailings 14 Prozent zum zweiten Mal spendeten, waren es bei Beilagen immerhin 13,1 Prozent und das ohne persönliche Ansprache in der Beilage. Die Durchschnittsspende auf Beilagen lag übrigens bei etwa 27 Euro.

Online wirkt

Kathrin Lhotka-Brock berichtete über die Online-Aktivitäten des WWF Österreich und verblüffte gleich mal mit einer Zahl für ihren Email-Newsletter, der zwölfmal im Jahr versandt und mit vier Themen zu verschiedenen Bereichen aufwartet. Sein RoI liegt bei 2. Was ein hoher Wert und zweifelsohne auch den überschaubaren Kosten geschuldet ist. Denn die Einnahmen sind noch nicht so hoch, aber steigend. Das liegt auch an der Konsequenz mit welcher der WWF seine Internetseiten gestaltet. So sind bereits auf der Startseite vier Möglichkeiten zu spenden aufgezeigt, vom Spendenbutton bis zum Aufruf im Text oder Video. Auch der Top-Artikel beinhaltet immer ein Spendenthema. Der Focus der Ansprache liegt dabei allerdings auf Dauerspendern, die etwa 100 Euro im Jahr geben und fünf bis sieben Jahre treu bleiben. Christian March von Amnesty beschloss den Reigen der Instrumente mit Face-to-Face. Er hat gemeinsam mit dem WWF eine gemeinsame Face-to-Face-Firma AIWWF aufgebaut, nachdem sich ihr Dienstleister aus Österreich zurückzog. Nach einem schwierigen Anfang warb Amnesty 4.169 Neuspender im Jahr 2012 mittels Face-to-Face mit einer Durchschnittsspende von 110 Euro. Faszinierend am Konzept AIWWF ist, dass durch den Austausch der Werber zwischen den Organisationen die Motivation nicht so schnell nachlässt, denn mit dem neuen Thema erschließen sich immer auch andere Menschen und es wird abwechslungsreicher.

Matthias Daberstiel

 

(Foto: PR)

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