AKADEMISCHES

Keine Gleichberechtigung in sozialen Medien

Junge Frauen mit weniger Social Media-Nutzung sind wesentlich emanzipierter.
Junge Frauen mit weniger Social Media-Nutzung sind wesentlich emanzipierter.

Gleichberechtigung ist eine Forderung, die mittlerweile immer stärker erhoben und teilweise sogar schon durch Gesetze unterstützt wird. Eine Analyse von PLAN International zeigt aber, das gerade in den diskussionsfreudigen sozialen Medien eher tradierte Rollenbilder vorherrschen. Das hat auch Konsequenzen für Organisationen und ihre Influencer, die sich für Gleichberechtigung einsetzen.

Das Ergebnis ist schon überraschend. Befeuern gerade die hippen sozialen Medien traditionelle Geschlechterrollen und Klischees? Diesen Eindruck erweckt zumindest eine Umfrage von Plan International unter 1000 14–32 Jahre alten Menschen in Deutschland. Je intensiver die Nutzung von Instagram, YouTube und Co., desto konventioneller und stereotyper die Ansichten über die Rollenverteilung von Mann und Frau. „Ausgerechnet in den sozialen Medien, dem modernen digitalen Zuhause der Millennials und Centennials, begegnen wir völlig überalterten Rollenbildern. Das ist beunruhigend, denn Gleichberechtigung ist die wichtigste Voraussetzung dafür, um Armut nachhaltig zu bekämpfen“, so Maike Röttger, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland. Zu diesem UN-Nachhaltigkeitsziel hat sich auch Deutschland verpflichtet, und Plan setzt sich mit seiner globalen Kampagne „Girls Get Equal“ dafür ein, dass alle Mädchen und Frauen gleiche Chancen, gleiche Rechte und gleiche Möglichkeiten haben – überall auf der Welt, in allen Bereichen der Gesellschaft. Deshalb möchte Plan „veraltete Rollenbilder und Vorbilder durch zeitgemäße ersetzen“, so Röttger, um so besonders Mädchen ein besseres Selbstbewusstsein zu vermitteln.

Auch in den Vorbildern unter den Influencern herrscht klassische Rollenverteilung.
Auch in den Vorbildern unter den Influencern herrscht klassische Rollenverteilung.

Frauen an den Herd

Doch gerade die sozialen Medien, geprägt durch Influencer, scheinen dafür laut der Studie der falsche Ort zu sein. 57 Prozent der jungen Männer und 35 Prozent der jungen Frauen, die täglich Social Media nutzen, sind der Ansicht, dass Frauen sich in erster Linie um den Haushalt und die Kinder kümmern sollten. Bei den weniger intensiv Nutzenden waren es 47 Prozent (Männer) und 31 Prozent (Frauen). Doch damit nicht genug: Immerhin noch 32 Prozent der Frauen und 52 Prozent der Männer, die täglich YouTube, Instagram und Facebook nutzen, gaben an, dass sie es in Ordnung finden, wenn Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen als Männer. Im Vergleich dazu waren es bei Frauen, die weniger intensiv Social Media nutzen nur 17 Prozent, bei den Männern 29 Prozent.

Influencer mit hoher Verantwortung

Auch die Vorbildwirkung für Jugendliche ist eher von gestern: 62 Prozent der Männer, die oft in sozialen Medien unterwegs sind, sagten, dass eine Frau in erster Linie schlank und hübsch sein muss. 37 Prozent der Frauen mit ähnlichem Medienverhalten fanden Muskeln und einen schönen Körper bei Männern wichtig. Bei den Befragten, die nicht täglich Social Media nutzen, waren es auch hier weniger. Obwohl 75 Prozent der befragten Frauen und 61 Prozent der befragten Männer angaben, sich über die Gleichstellung von Mann und Frau Gedanken zu machen, denkt ein Großteil von ihnen noch in alten Rollenmustern. Das ist umso schwieriger, weil die sozialen Medien ganze Generationen prägen. Zwei Drittel der Befragten stören beispielsweise stereotype Rollenbilder bei Social Media nicht.

Für Influencerin und Content Creator Hannah Müller-Hillebrand ergibt sich daraus eine viel größere Verantwortung, denn etwa die Hälfte aller Frauen und Männer gaben an, dass die Person, der sie bei Social Media die größte Aufmerksamkeit widmen, eine Vorbildfunktion für das eigene Geschlecht hat: „Die sozialen Medien geben uns die Chance, Veränderungen in der Gesellschaft anzustoßen und darauf einzuwirken, wie junge Menschen denken. Durch die Art wie wir posten und die Inhalte, die wir transportieren, können wir helfen, dass alte Rollenbilder aufgebrochen werden und junge Menschen über das Thema Gleichberechtigung sprechen. Diese Chance müssen wir nutzen!“ Doch offenbar muss dafür noch viel Überzeugungsarbeit im Netz geleistet werden.

Die gesamte Studie ist hier einzusehen.

(Bilder: Plan International Deutschland)

Zurück

Einen Kommentar schreiben