AKADEMISCHES

Bürgerstiftungen punkten mit Vielfalt und regionaler Nähe

Der 1. Oktober ist der Internationale Tag der Stiftungen. Eine aktuelle Erhebung zu Bürgerstiftungen in Deutschland ergibt, dass die sehr aktive Stiftungsform als Modell für regionales Fundraising in Ost und West taugt.

Bürgerstiftungen gewannen 2013 über 33 Millionen Euro durch Zustifter hinzu und erhielten 12 Millionen Euro an Spenden. Das vermeldet der aktuelle „Länderspiegel Bürgerstiftungen. Fakten und Trends 2014“, den die Aktive Bürgerschaft zum Tag der Stiftungen am 1. Oktober vorlegte. Außerdem vertrauen immer mehr Stifter ihre eigene Stiftung ihrer lokalen Bürgerstiftung an. „Vom Taschengeld bis zum Millionenerbe – wenn Menschen in ihrer Stadt oder Region etwas bewegen wollen, wählen sie Bürgerstiftungen als Partner. Denn Bürgerstiftungen bündeln Geld und Bürgerengagement vor Ort und behaupten sich auch in Niedrigzinszeiten“, sagt Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer der Aktiven Bürgerschaft.

378 Bürgerstiftungen gibt es momentan in Deutschland. 39 Millionen Menschen leben im Einzugsgebiet einer Bürgerstiftung und können sich als Stifter, Spender und Ehrenamtliche engagieren oder Förderung beantragen. Noch ist also Platz für weitere Gründungen, besonders im Saarland, wo es bisher noch gar keine Bürgerstiftung gibt. Spitzenreiter nach Bundesland ist Nordrhein-Westfalen mit 109, gefolgt von Baden-Württemberg mit 90 und Niedersachsen mit 58 Bürgerstiftungen.

Das Stiftungskapital wuchs 2013 weiter auf insgesamt 271 Millionen Euro. 33 Millionen Euro vertrauten Stifter den Bürgerstiftungen im Jahr 2013 an Zustiftungen an. Das ist ein Zuwachs um 13,8 Prozent. Wachstumsmotor sind dabei die 60 Bürgerstiftungen, welche die kritische Kapitalgrenze von mehr als einer Million Euro überschritten haben.

Auch die Spendeneinnahmen wuchsen auf 12 Millionen Euro an. Ein Indiz für das gestiegene Fundraising der Bürgerstiftungen, um die sinkenden Kapitalerträge auszugleichen, wie die Aktive Bürgerschaft mitteilt. So stellte zum Beispiel die Bürgerstiftung Landshut in Bayern beim Fundraisingtag München im März 2014 ihr Projekt eines Bürgerhauses vor, für das sie eine Million Euro an Spenden einwerben konnte.

Die ausgeschüttete Fördersumme bleibt mit rund 14 Millionen Euro auf hohem Niveau. Fast 83 Millionen Euro haben die Bürgerstiftungen seit 2005 für das Gemeinwohl eingesetzt, vor allem für das Zukunftsthema Bildung. Hier investieren sie fast die Hälfte ihrer Mittel (47 Prozent), gefolgt von Kunst und Kultur (17 Prozent) und Sozialem (15 Prozent).

Bürgerstiftungen sind auch in Niedrigzinszeiten eine gute Option für das Stiften: Durch die Bündelung von Geld und Bürgerengagement sorgen sie dafür, dass das Stiften durch niedrige Kosten und geringen Aufwand attraktiv bleibt. Das sogenannte Pooling, also die gemeinsame Vermögensverwaltung des Stiftungskapitals, steckt aber noch in den Kinderschuhen, auch weil die Banken sich wenig bewegen, die Zinsen trotzdem niedrig bleiben und die Verwaltungskosten hoch sind. Nachgedacht wird deshalb von einigen Stiftungen über spezielle Bürgerstiftungsfonds, in denen Geld gebündelt wird, das von einem bankenunabhängigen Vermögensverwalter kostengünstiger verwaltet und besser verzinst werden kann. Außerdem bietet dieses Modell die Chance, auch Anlegern attraktive Zinsen oder sogenannte Stifterdarlehen anbieten zu können. Dabei verzichten die Anleger auf ihre Rendite zugunsten der Stiftungen.

580 Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen mit einem Gesamtvermögen von 95 Millionen Euro haben Bürger, Unternehmen, Vereine und andere Institutionen den Bürgerstiftungen bisher anvertraut. Der Schlüssel zum erfolgreichen Kapitalaufbau sind dabei passgenaue Angebote für Stifter. Das erfordert aber auch eine gute Öffentlichkeitsarbeit. Denn potenzielle Stifter müssen auch erfahren, dass es schon ähnliche Stiftungen oder eine Bürgerstiftung als Treuhandverwalter gibt. Die Bürgerstiftung Dresden veranstaltet deshalb zum Beispiel am 25. Oktober ihren 11. Stiftungstag. Das Thema in die Medien zu bekommen bleibt aber trotzdem nicht einfach. Um noch stärker in die Region auszustrahlen, haben sich deswegen regionale Stiftungsnetzwerke gegründet. Eine Übersicht bietet der Bundesverband deutscher Stiftungen auf seiner Website.

Auch Städte sehen die Chance, die bürgerschaftliches Engagement ihnen bietet, und versuchen es im ersten Schritt öffentlichkeitswirksam zu fördern. Aller zwei Jahre organisiert der Berliner Senat den Berliner Stiftungstag mit. Er findet am 14. November 2014 im Berliner Rathaus statt. Auch Frankfurt am Main führt bereits zum fünften Mal einen Stiftungstag in Kooperation mit der Initiative Frankfurter Stiftungen e. V. durch. Die IHK der Stadt ist auch am 14. November 2014 der Kooperationspartner und weist seine Mitglieder auf den Tag hin.

25 Jahre nach dem Mauerfall hat sich das Bürgerstiftungsmodell in Deutschland erfolgreich etabliert. Bei allen Gemeinsamkeiten lassen sich aber auch überraschende Besonderheiten zwischen Ost und West feststellen. So nehmen die ostdeutschen Bürgerstiftungen mit 43.000 Euro im Schnitt deutlich mehr Geld durch Spenden ein als Bürgerstiftungen in den alten Ländern (31.000 Euro). Ein Grund könnte die doppelt so hohe Rate der Ehrenamtlichen sein, die sich in ostdeutschen Bürgerstiftungen engagieren, denn es ist bekannt, dass 80 Prozent der Ehrenamtlichen auch spenden. Auch die Fördersummen liegen mit 47.000 Euro pro Stiftung im Osten höher als im Westen (38.000 Euro). Beim Kapital liegen die alten Länder klar vorn. Stiftungen verfügen dort über fast doppelt so viel Kapital wie ostdeutsche und auch bei der Anzahl der Bürgerstiftungen liegen sie klar vorn. Von bundesweit 378 Bürgerstiftungen liegen nur 31 in den neuen Bundesländern. Nähere Informationen zu aktuellen Zahlen und Entwicklungen bietet der Länderspiegel der Aktiven Bürgerschaft.

 

(Bilder: Aktive Bürgerschaft 2014)

Zurück

Einen Kommentar schreiben