AKADEMISCHES

Spendenrekord in Deutschland 2014

Das Spendenvolumen nahm 2014 sprunghaft zu. Vor allem die Vermögenden sind dafür verantwortlich. Einkommenssteuerstatistik 2014, Bundesamt für Statistik
Das Spendenvolumen nahm 2014 sprunghaft zu. Vor allem die Vermögenden sind dafür verantwortlich. Einkommenssteuerstatistik 2014, Bundesamt für Statistik

Die Zahlen der Einkommenssteuerstatistik des Bundesamtes für Statistik werden immer erst mit dreijähriger Verspätung veröffentlicht, aber sie haben es in sich. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland von Privatpersonen mehr als acht Milliarden Euro steuerlich geltend gemacht. Fast 2 Milliarden mehr als 2013.

von Kurt Manus

Es ist für den Außenstehenden verwirrend. Am Anfang des Jahres verkündete die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gemeinsam mit dem Deutschen Spendenrat in Ihrer Bilanz des Helfens, dass die Deutschen 2017 rund 5,2 Milliarden Euro gespendet haben. Für das Jahr 2014 hatten sie 4,96 Milliarden Euro mithilfe Ihrer Panelbefragung ermittelt. Die Einkommenssteuerstatistik, welche die von den Deutschen in ihren Steuererklärungen geltend gemachten Spenden enthält, veranschlagt aber in den gerade veröffentlichten Zahlen für das Jahr 2014 über acht Milliarden Euro als jährliche Spendensumme. Eine mächtige Differenz von mehr als drei Milliarden Euro. Warum ist das so?


Panel schließt Großspenden aus

Grund ist die unterschiedliche Zählweise. So werden in der Panelbefragung beispielsweise Großspenden von mehr als 1.000 Euro aus der Stichprobe der 10.000 Panelbefragten ausgeschlossen. Der Grund ist, dass durch das Panel ein Abbild geschaffen wird, dessen Ergebnisse dann auf ganz Deutschland übertragen werden. Diese Hochrechnung würde eine seltenere Großspende zu stark berücksichtigen, und die Jahresergebnisse könnten dadurch stark abweichen.


Finanzministerium liefert alte Zahlen

Fakt ist, dass das Finanzministerium an der Quelle sitzt. Jeder, der seine Steuern hier geltend macht, wird statistisch erfasst. Leider haben die Zahlen aber auch ein Manko – sie sind nicht zeitnah zu haben. Denn erst müssen die Steuerfälle abgeschlossen sein, und das kann eben bis zu drei Jahre dauern. Deshalb gibt es aktuell nur die Zahlen von 2014. In unserem Land gab es in jenem Jahr 40,2 Millionen Steuerpflichtige, und davon waren 10,3 Millionen Spenderinnen, Spender oder gemeinsam veranlagte Spender-Ehepaare. Das heißt, nur 25 Prozent haben Spenden in ihrer Steuererklärung geltend gemacht.

Für die rasante Steigerung zum Vorjahr sind vor allem die Steuerpflichtigen mit einem Einkommen über 100.000 Euro in Deutschland verantwortlich (siehe Grafik). Zum ersten Mal seit 2006 spendet diese zahlenmäßig deutlich kleinere Gruppe wieder fast genauso viel wie die viel größere Bevölkerungsgruppe mit weniger als 100.00 Euro Einkommen. Deutlich wird auch die enorme Steigerung zum Vorjahr mit einem Zuwachs von 26,4 Prozent, was 1,6 Milliarden Euro mehr bedeutet. Von Stagnation kann da keine Rede sein. Auch die GFK hatte bei den Spenden unter 1.000 Euro eine Steigerung der Gesamtspendensumme von mehr als fünf Prozent konstatiert. Woher die plötzliche Spendenbereitschaft besonders bei den Vermögenden kommt, lässt sich an den Zahlen aber nicht ablesen.


Die Dunkelziffer ist hoch

Die GFK hat für 2014 eine Spenderquote von 33 Prozent ermittelt. Also deutlich mehr als die 25 Prozent bei den geltend gemachten Spenden. Auch hier also eine Diskrepanz. Hier kommt nun die Stärke des Panels der GfK zum Tragen. Diese Methode versucht ein möglichst genaues Abbild der Bevölkerungsverteilung zu schaffen und so alle Gruppen zu berücksichtigen. Auch die, welche keine Spenden geltend machen. Und das sind in diesem Land einige. Nicht Steuerpflichtige sind zum Beispiel etwa 68 Prozent der Rentner in Deutschland. Dass ausgerechnet bei den Rentnern, also meist Menschen über 65 Jahren, eine so hohe Zahl unberücksichtigt bleibt, ist für die Spendenstatistik besonders fatal. Die Zahlen der GfK zeigen, dass gerade die Altersgruppe der über 70-Jährigen zu den besten Spendern in Deutschland gehört. Sie spenden nicht nur viel, sondern auch oft. In der Einkommensstatistik werden sie aber offensichtlich viel zu wenig berücksichtigt, weil sie keine Steuern zahlen und die Zuwendungsbestätigung nicht beim Finanzamt sondern im Papierkorb landet. Laut der Bilanz des Helfens von 2015 trug die Altersgruppe der über 70-Jährigen 37 Prozent des deutschen Spendenaufkommens im Jahr 2014. Auch weil mehr als jeder zweite in der Altersgruppe spendet. Ein Großteil der Spender wird also durch die Bundesstatistik ausgeblendet, was eine enorme Dunkelziffer vermuten lässt. Es ist damit zu rechnen, dass die wahre Spendenhöhe vielleicht schon über 10 Milliarden Euro liegt. Das ist aber Spekulation.


Finanzamt erkennt wenig an

Interessant ist, wie wenig das Finanzamt an Spenden eigentlich anerkennt. 2014 wurden von den 8,6 Milliarden geltend gemachten Spenden lediglich 5 Milliarden Euro als abzugsfähig anerkannt. Das kann viele Gründe haben, aber drei Milliarden ist eine große Zahl. Eine automatische Übermittlung der Zuwendungen durch die Organisationen an das Finanzamt, wie sie seit zwei Jahren in Österreich bereits üblich ist und auch für Deutschland vorgeschlagen wurde, sollte sich der Finanzminister angesichts dieser Zahlen nochmal überlegen. An einer verlegten Zuwendungsbescheinigung scheitert die Anerkennung dann nämlich nicht mehr.

Stiftungen sind mehr etwas für vermögende Menschen. Einkommenssteuerstatistik 2014, Bundesamt für Statistik
Stiftungen sind mehr etwas für vermögende Menschen. Einkommenssteuerstatistik 2014, Bundesamt für Statistik

Stiftungen profitieren von Vermögenden

Interessant ist auch ein Blick auf die Gelder, die an Stiftungen fließen. Hier ist die vermögende Gruppe eindeutig überproportional vertreten. Über 83 Prozent der Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung kamen 2014 aus der Gruppe der Vermögenden mit mehr als 100.000 Euro Einkommen (siehe Grafik). Und diese Entwicklung hält an. Die Zustiftung, aber auch die Gründung einer Stiftung ist offenbar kein Thema für die breite Bevölkerung. 300 Millionen Euro gingen 2014 an neue Stiftungen. Davon 19 Prozent von Menschen mit kleineren Vermögen und 81 Prozent von Vermögenden. Bei den Neugründungen lohnt sich auch ein Blick auf die absoluten Zahlen. Die Vermögenden gaben im Schnitt 55.000 Euro für eine Spende an eine neue Stiftung aus, die weniger Vermögenden durchschnittlich 5.000 Euro. Insgesamt stifteten 12,4 Millionen Steuerpflichtige zu, und fast 16 Millionen unterstützten Neugründungen von Stiftungen.

(Bild: Fundraiser-Magazin)

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