AKADEMISCHES

Frauen oft nicht in Führungspositionen

Frauenanteile in Vorstand und Geschäftsführung nach Tätigkeitsbereichen <br>[Datenbasis: WWU-FiA-Onlinebefragung 2016: NPO-Gremien, N=472]
Frauenanteile in Vorstand und Geschäftsführung nach Tätigkeitsbereichen
[Datenbasis: WWU-FiA-Onlinebefragung 2016: NPO-Gremien, N=472]

Frauen sind nicht nur das Herz der Familie, sie sind auch die Basis der meisten deutschen Non-Profit-Organisationen. Aktuelle Studien zeigen, dass Frauen mehr Mut zur Karriere haben sollten – auch im Fundraising.

von Matthias Daberstiel

75 Prozent aller Arbeitsplätze in Non-Profit-Organisationen werden von Frauen besetzt. Das ergab eine Studie von Prof. Dr. Annette Zimmer vom Institut für Politikwissenschaft der WWU Münster und Dr. sc. Eckhard Priller, Wissenschaftlicher Co-Direktor des Maecenata Instituts Berlin, welche die Arbeitsverhältnisse und Aufstiegschancen von Frauen in gemeinnützigen in Nonprofit-Organisationen (NPOs) untersuchte. Der Anteil der NPO-Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland beläuft sich inzwischen auf neun Prozent, was 2,3 Millionen Beschäftigten entspricht. Die Studie stellte auch fest, das aktuell infolge des demographischen Wandels auch in NGOs ein steigender Bedarf an Führungskräften besteht.


Hohe Arbeitszufriedenheit

Ähnliches stellt eine Studie der Fachgruppe Frauen des Deutschen Fundraisingverbandes (DFRV) fest, die gerade im Fundraiser-Magazin veröffentlicht wurde. 400 Fundraiserinnen äußerten sich dort zu ihrem Job, den die meisten als zufriedenstellend und erfüllend einstufen. Vier von zehn sind mit ihrem Status zufrieden und räumen anderen Werten als Karriere eine höhere Priorität ein. Als Gründe wurden eine sinnvolle Tätigkeit und eine ausgeglichene Work-Life-Balance genannt oder dass sie bereits Karriere gemacht haben und mit dem Erreichten zufrieden sind.

Diese scheinbare Zufriedenheit wird auch durch die Studie von Zimmer und Priller bestätigt. Den Grund für diese hohe Arbeitszufriedenheit sehen die Autoren in der Wertorientierung der Organisationen, die ideellen Zielsetzungen in humanitärer, kultureller oder sozialer Hinsicht verfolgen. Andererseits sind NPOs bemüht, bei der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung den Wünschen und Bedürfnisse ihrer im operativen Bereich tätigen weiblichen Beschäftigten entgegenzukommen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.


Frauen ja, aber nicht als Leitung

Allerdings haben NPOs die Top-Ebene und damit die Arbeitsbedingungen weiblicher Führungskräfte bisher kaum im Blick. Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen rechnen sich Frauen in NPOs häufig nur geringe Chancen aus, in ihrer Organisation und/oder im Sektor Karriere zu machen. Die Online-Befragung zur Präsenz von Frauen in NPO-Leitungsgremien stellte fest, dass:

  • die Vorstände von NPOs mehrheitlich männlich besetzt sind.
  • es Frauenquoten für Leitungsgremien bislang nur in Einzelfällen gibt (z.B. bei manchen Gewerkschaften).
  • Frauen in einer Leitungsposition eher operativ als Geschäftsführerin tätig sind.
  • sich nur wenige Frauen auf den Führungsebenen großer finanzstarker NPOs und Stiftungen finden lassen.
  • und dass Frauen stärker in beratenden Beiräten ohne Entscheidungskompetenz vertreten sind.

Generell stellte die Studie fest: Je jünger die NPO, desto mehr Frauen, und je traditionsreicher beziehungsweise älter die NPO, umso weniger Frauen sind in den NPO-Gremien vertreten.

Dabei wären Frauen für Führungspositionen qualifiziert. Die Studie der Fachgruppe Frauen des DFRV unter 400 Fundraiserinnen ergab, dass diese wertvolle Potenziale mitbringen: Sie sind überdurchschnittlich gut ausgebildet, fast 90 Prozent haben ein abgeschlossenes Studium, und zwei Drittel verfügen über zusätzliche Qualifikationen im Bereich Fundraising, Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit. Mehr als der Hälfte der Fundraiserinnen ist die eigene Karriere deshalb auch wichtig. Sie beklagen vor allem schlechte Verdienstmöglichkeiten, starre Hierarchien, die Langsamkeit der Entscheidungsfindung, fühlen sich oft ausgebremst, stecken viel Energie in die Überzeugungsarbeit für die Belange von Fundraising und sehen kaum Karrieremöglichkeiten.

Interessanterweise sehen Priller und Zimmer gerade in den flachen Hierarchien ein Karrierehemmnis für Frauen, denn so ist die Anzahl von Führungspositionen kleiner als in der Wirtschaft. Viele Frauen sehen allerdings offenbar auch in der mittleren Managementebene bereits eine Erfüllung ihrer Karriereoptionen und streben nicht nach Höherem, obwohl sie dafür qualifiziert sind. Beide Studien wünschen den Frauen daher mehr Selbstbewusstsein auf dem Karriereweg.


Gemeinnützigkeit gegen Frauenquote

Da die Priller/Zimmer Studie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wurde, werden auch Empfehlungen gegeben, um die Frauenquote zu heben. Dies sollte bei den aktuell männerdominierten Vorständen die Alarmglocken schrillen lassen. So empfehlen die Autoren beispielsweise für die Besetzung von Kontroll-, Leitungs- und Top-Geschäftsführungsgremien für kleinere und mittlere NPOs eine freiwillige und für große und finanzstarke NPOs einer verbindlichen Frauenquote von 50 Prozent einzuführen. Damit dem auch Nachdruck verliehen wird, soll sogar die Gemeinnützigkeit an die Erfüllung der Quote geknüpft werden. Da ist es doch besser dem zuvor zu kommen und Frauen als High-Potentials wahrzunehmen und sie schon früh auf Leitungsaufgaben durch Qualifizierungsmaßnahmen vorzubereiten und Personalentwicklung als Organisationsaufgabe stärker zu strukturieren und gendersensibler zu gestalten.

Fragen zur Studie des Fundraising Verbandes beantwortet Elisabeth Lenz von der Fachgruppe Frauen. Die gesamte Studie „Karriere im Nonprofit-Sektor?“ von Priller und ZImmer findet man hier.

(Bild: Quelle Studie: Karriere im Nonprofit-Sektor?)

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