AKADEMISCHES

Geber und NPOs: Zusammenarbeit ohne gemeinsames Bild?

Auch als Stifter hat man Ziele fest im Auge. Alexander Brochier zu Besuch im Pepa Kinderheim der Brochier Stiftung in Tschechien.
Auch als Stifter hat man Ziele fest im Auge. Alexander Brochier zu Besuch im Pepa Kinderheim der Brochier Stiftung in Tschechien.

Engagierte Stifter, Förderer oder Unternehmer wollen drängende gesellschaftliche Probleme angehen, wirksame Lösungen finden und ihre Werte verwirklichen. Gemeinnützigen Organisationen (NPOs) kommt bei der Umsetzung dieses Engagements eine zentrale Rolle zu. Es liegt also nahe, für die Zusammenarbeit von Gebern und NPOs ein für beide Seiten passendes und sprechendes Bild zu suchen. Hier gibt es nun aber einen wirklich überraschenden Befund: Der gemeinnützige Sektor tut sich schwer damit, die Beziehung von NPOs und engagierten Gebern so zu beschreiben, dass auch die Geber sich darin wiederfinden.


Von Michael Busch

Wie schaut der gemeinnützige Sektor auf private Geber? In der Perspektive des Fundraisings ist der zentrale Begriff die Mittelbeschaffung. Um diese organisationsbezogene Perspektive durch den Beziehungsaspekt zu ergänzen, spricht man zum Teil vom „Friendraising“. Oder man beschreibt das Fundraising als eine Austauschbeziehung, bei der NPOs und Geber sich wechselseitig Zeit, Geld, Kompetenzen oder Netzwerke zur Verfügung stellen.

Erleben der Geber fehlt

Diese Sichtweisen beleuchten zwar in der Tat jeweils einen Aspekt der Beziehung von Gebern und NPOs. Aber ihre spezifische Qualität erfassen sie nicht. Bei der „Mittelbeschaffung“ fehlt noch ganz das Erleben der Geber. „Freundschaft“ kann zwar durchaus ein Aspekt der Zusammenarbeit werden; aber die rein persönliche Ebene ist kaum das Fundament einer Beziehung, in der es auch um Kompetenzen, Strukturen und professionelle Arbeit geht. Der „Tausch“ wiederum umschreibt zwar diese sachliche Ebene; aber er lässt eher an die Unbeweglichkeit eines Nullsummenspiels denken als an die produktive Dynamik, die sich im Zusammenwirken von Gebern und NPOs entfalten kann. Würden engagierte Geberinnen und Geber ihrerseits einen der drei genannten Begriffe mit einem guten Gefühl verwenden, um ihre Beziehung zu NPOs zu beschreiben? Und was bedeutet es, wenn Geber und NPOs kein gemeinsames Bild ihrer Beziehung haben?
Hinter der Schwierigkeit der Beschreibung stehen ganz reale Fragen und Unsicherheiten der NPOs im Umgang mit Gebern. Müssen wir uns als Bittsteller fühlen? Machen wir uns von Gebern, die viel geben, abhängig? Wie weit können wir auf individuelle Wünsche eingehen? Wo setzen wir Grenzen, auch im persönlichen Umgang?

Engagement-Partnerschaft

Ich meine, dass NPOs und Geber am besten mit diesen Fragen umgehen können, wenn sie gemeinsam ihre Beziehung als Engagement-Partnerschaft verstehen: Im Rahmen von Engagement–Partnerschaften engagieren sich NPOs gemeinsam mit Stiftern und Förderern für die Lösung konkreter gesellschaftlicher Aufgaben.

In Engagement-Partnerschaften

  • verwirklicht sich der gesellschaftliche Gewinn des Engagements,
  • erleben die Engagierten den persönlichen Gewinn ihres Engagements,
  • bringen Geber über einen längeren Zeitraum ihre Ressourcen ein,
  • bringen die NPOs ihre Kompetenzen zur Lösung gesellschaftlicher Aufgaben ein,
  • bringen die NPOs ihre Kompetenzen zur Förderung individuellen Engagements ein.

In einem solchen Verständnis ihrer Beziehung können sich sowohl Geber als auch NPOs gut wiederfinden und ihre Zusammenarbeit produktiv gestalten: Es erklärt, warum tatsächlich eine Augenhöhe zwischen ihnen besteht; es vermeidet, die Beziehung zwischen NPOs und Gebern zu sehr zu romantisieren – unter Gebern und NPOs dürfen auch Menschen sein, die sich nicht gerade gegenseitig als Freunde aussuchen würden; und schließlich kann dieses Verständnis sowohl den Blick für das Potenzial der Zusammenarbeit öffnen als auch helfen, Grenzen zu setzen, wo das nötig ist.

 

Michael Busch ist Rechtsanwalt und leitet das Frankfurter Büro der Haus des Stiftens gGmbH. Er ist Studienleiter der Fortbildung zum Engagement-Berater, die gemeinsam von der Fundraising Akademie, der PHINEO gAG und dem Haus des Stiftens durchgeführt wird.
Der Text ist eine Leseprobe aus dem „PLAN B für Stifter und Förderer“, der zeigt, wie engagierte Menschen gesellschaftliche Wirkung und persönliche Zufriedenheiterreichen. Der PLAN B beruht auf der Begleitung von über 1.200 engagierten Geberinnen und Gebern durch die Haus des Stiftens gGmbH. Die Schrift richtet sich auch an Großspenderbetreuer in gemeinnützigen Organisationen und Berater im Bereich der Philanthropie.

(Bild: Brochier-Stiftung)

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