AKADEMISCHES

Vertrauen wäre besser

Das Vertrauen in deutsche NGOs war schon deutlich höher!
Das Vertrauen in deutsche NGOs war schon deutlich höher!

Glaubt man der internationalen Untersuchung des Edelman Trusts ist das Vertrauen der Deutschen in Non-Profits wieder gestiegen. Erfreulich! Doch ein genauerer Blick zeigt, dass NGOs viel Vertrauen verloren haben. Ein Risiko für das Fundraising.

von Kurt Manus

Weltweit ist das allgemeine Vertrauen der Gesamtbevölkerung um drei Punkte auf 52 Punkte gestiegen. Auch in Deutschland ist der freie Fall vorbei, und das Vertrauen in deutsche Institutionen stabilisiert sich. Das zeigen die aktuellen Daten des 19. Edelman Trust Barometers 2019. Darin hat Edelman über 33.000 Menschen in 27 Märkten zu ihrem Vertrauen befragt.

Auch, wenn der Vertrauensindex hierzulande ebenfalls von 41 auf 44 Punkte ansteigt, darf der Schein nicht trügen. Zwar wächst das Vertrauen der Deutschen in die Wirtschaft auf 47 Prozent, bei NGOs um 7 Prozentpunkte auf 44 Prozent, und bei den Medien auf 44 Prozent, gleichzeitig ist das sinkende Vertrauen in die Regierung besorgniserregend. Hier sank das Vertrauen um weitere drei Prozentpunkte auf 40 Prozent. Im internationalen Vergleich ist das Vertrauen in Deutschland sogar auffallend gering: Deutschland liegt 2019 dabei nur auf Platz 21 von 26 Ländern (2018: Platz 19).


NGOs steigen im Vertrauen

Im Fall der NGOs ist eine leichte Erholung zu beobachten, doch das Vertrauen der Deutschen in Vereine und Stiftungen lag vor fünf Jahren noch gut 25 Prozentpunkte höher! (siehe Bild) Dieser Absturz, der allerdings auch viele andere Institutionen erfasste, wird immer wieder gern mit dem Thema Social Media und verändertem Medienverhalten verknüpft. Doch die Lage ist differenzierter zu betrachten.


Nicht alle mit Kommunikation erreicht

Der Wunsch nach mehr Informationen in Deutschland 2018 wächst nämlich um 18 Prozentpunkte. Interessant ist auch, dass traditionelle Medien hierzulande im Vertrauensranking weiterhin ganz oben stehen (68 Prozent). Die Ergebnisse zeigen deutlich: Klassische Medien hängen Social Media locker ab (32 Prozent). „Die Spielregeln ändern sich aktuell, die Prinzipien guter Kommunikation bleiben. Entscheidend ist und bleibt nicht der Kanal, sondern der Absender. Die Menschen suchen nach Antworten“, sagt Ernst Primosch, CEO Edelman in der DACH-Region. In dem Zusammenhang ermittelte die Studie aber auch eine alarmierend weit geöffnete Vertrauensschere zwischen informierter und breiter Öffentlichkeit. „Es ist den Institutionen bereits gelungen, die informierte Öffentlichkeit abzuholen. Die breite Öffentlichkeit jedoch bleibt zurück. Hier muss die Kommunikation verbessert werden, um die Unterstützung der Mehrheit nicht zu verlieren.“, empfiehlt Primosch. Hierzulande erreicht die informierte Öffentlichkeit einen Vertrauensindex von 60 Punkten, während die breite Öffentlichkeit auf nur 42 Punkte kommt. Größer war der Unterschied in Deutschland noch nie.


Kritik an Arbeit der NGOs

Im Newsletter der European Fundraising Association (EVA) macht der niederländische Fundraising-Berater Reinier Spruit noch andere Gründe für den Vertrauensverlust aus, die gerade das Fundraising mit einbezieht. „Die Realität eines Spenders ist: zu oft vergessen, nicht genug geachtet, zu oft gefragt, nicht genug geliebt, zu oft angesprochen, nicht genug erkannt und oftmals nicht einmal bedankt.“ Er erinnert die NGOs daran, dass ihrer guten Arbeit ja Spenden zugrunde liegen und warnt davor, das aus den Augen zu verlieren. Besonders kritisiert er die Planlosigkeit und fehlende Kommunikation vieler NGOs, die auch zu einem Vertrauensverlust beiträgt: „CEOs sprechen nicht mit ihren Spendern. Manchmal sprechen auch Fundraiserinnen und Fundraiser nicht mit ihren Spendern. Langfristige Ziele fehlen vollständig. Jahresziele werden auf Kosten längerfristiger Einnahmen verfolgt. Evaluierungen und Qualitätsindikatoren fehlen. Die Messung von Kennzahlen und das Verständnis der Auswirkungen unseres Handelns geschieht einfach nicht“, wirft er den NGOs vor und fragt: „Ist es da eine Überraschung, dass die Öffentlichkeit genug hat?“


Bessere Kommunikation mit Spenderinnen und Spendern

Spruit macht aber auch Potenziale für Verbesserungen aus: „Wir hatten einen Job. Das zu tun, was wir versprochen haben, um eine bessere Welt zu schaffen. Ironischerweise haben wir das getan. Aber wir haben es nicht richtig kommuniziert, sind nicht wirklich wertschätzend, einbeziehend und mit Respekt der wichtigsten Gruppe von Menschen, die unsere Motoren am Laufen gehalten haben entgegengekommen: unseren Spendern. Fügen Sie gelegentlich einen Non-Profit-Skandal hinzu, und das Vertrauensniveau ist gesunken“, resümiert er. Der Erfolg bei Privatspendern hängt seiner Meinung nach an einer Kombination aus Spenderzentrierung, Kontrolle von Spenderdaten, Authentizität in ihrer Kommunikation, Positionierung des Themas der Organisation und ausgezeichnetem Programm-Management ab. Offenbar gibt es noch viel zu tun.

(Bild: Edelman Trust Barometer/Fundraiser-Magazin)

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