AKADEMISCHES

Qualifizierung im Fundraising

Weiterbildungsseminar Fundraising
Weiterbildungsseminar Fundraising

Eine Qualifizierung im Fundraising ist heute auf viele Arten möglich. Auch das neue „Handbuch Fundraising“ der Fundraising Akademie beschäftigt sich mit diesem Thema, in das wir so wieder einen vorfristigen Einblick geben.

von Thomas Kreuzer

Die ersten Fundraising-Curricula in Deutschland waren orientiert am Sozialmarketing und an der Öffentlichkeitsarbeit. Dies rührte zum einen daher, dass die Branche selbst Fundraising als Ableitung des Marketings verstand und der Berufsverband damals konsequenterweise auch die Bezeichnung „Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmarketing (bsm)“ trug; zum anderen gab es im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit bereits umfangreiche Fortbildungserfahrungen, sodass das erste Curriculum der Fundraising Akademie aus dem Jahr 1999/2000 ff. ein Curriculum der Öffentlichkeitsarbeit war, angereichert mit Marketing-Aspekten – mit dem Fokus auf Mittelbeschaffung. Entscheidender aber war in den ersten Jahren der Schwerpunkt auf den Fundraising-Instrumenten. Die Vorstellung war zunächst, „Instrumenten-Virtuosen“ zu qualifizieren, die durch die Beherrschung der erlernten Instrumente Mittel für Organisationen, dies sie beauftragt haben, einwerben können. Es wurde schnell klar, dass dieser Ansatz zu kurz gegriffen war, weil die interne Bereitschaft der Organisationen, ein professionelles Fundraising in den Nonprofit-Organisationen zu implementieren, nicht im Ansatz gegeben war. Die Einführung des Fundraisings in den Organisationen scheiterte immer wieder an der mangelnden Kenntnis von Führung und Leitung, an internen Widerständen, mangelnder Bereitschaft der Gesamtorganisation – sowie an nicht hinlänglicher Kenntnis der Akteure, wie Organisationen funktionieren und was diese antreibt. Leitend für die Implementierung von Fundraising war häufig der ökonomische Ansatz. In möglichst kurzer Zeit sollten möglichst hohe Einnahmen erzielt werden. Fundraising und seine Akteure wurden an monetären Ergebnissen gemessen. Fragen von Zuständigkeiten und Zuordnungen erschwerten die Sache zudem. Kurzum: Die Pioniere waren mehr mit interner Überzeugungsarbeit befasst denn mit proaktivem Fundraising-Handeln. Diese Diagnose trifft nicht durchgehend zu. Immer wieder kam es zugleich zu nachhaltigen Erfolgen, wenn die Leitung das Fundraising unterstützte oder sich selbst als Fundraising-Verantwortlicher verstand.

Die erste Lernerfahrung von Bildungsanbietern und Beratern war also, dass Fundraising nicht Organisationsentwicklung beinhaltet, sondern zunächst mit ihr identisch ist. Es wurde rasch klar, dass der Aspekt dieser irritierenden Intervention in die Organisation, die mit der Einführung des Fundraisings thematisch wurde, konstitutiver Bestandteil eines Curriculums werden muss. Ein anspruchsvolles Curriculum von Fundraising-Qualifizierungen kommt heute nicht ohne diesen Aspekt der konstituierenden Frameworks aus: Dies betrifft die Fragen, welche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Fundraising nötig sind (Institutional Readiness); wie das Fundraising im Steuerungssystem der Organisation eingebunden ist und damit auch in die strategische Gesamtausrichtung (Governance und Strategie); wie Organisationen leben und sich organisieren (Systemtheorie); welchem Ansatz das Fundraising folgt (ökonomische, mission-based, philanthropische Ausrichtung); wie Projekte wirkungsorientiert gestaltet werden können und mit welcher Einstellung Personen in diesem Handlungsfeld agieren und sich verstehen (Handlungstheorie und Selbstverständnis). Fragen der Wirkungsorientierung gewinnen an Bedeutung, Aspekte der Soft Skills sind in all dies eingewoben.

Die damit zusammenhängende Lernerfahrung der Fundraising-Curricula lässt sich dementsprechend wie folgt beschreiben: Die Konzentration auf die Instrumente wurde abgeblendet bzw. ergänzt durch Aspekte der konstituierenden Frameworks. Inzwischen wird im Bereich der Engagementberatung und davon abgeleitet auch im Großspenden-Segment die Persönlichkeitsentwicklung der Fundraising-Akteure immer stärker in den Blick genommen. Hier ist ein Perspektivwechsel erforderlich, der die Wünsche und Interessen der Gebenden im Fokus hat und mit ihren Augen auf die Organisation und ihre Anliegen blickt. Diese Spenderorientierung zeichnet sich allmählich als weitere Dimension in den Qualifizierungen ab, der bislang immer schon präsent war, nun aber noch einmal expliziert werden wird.

Die gegenwärtigen Debatten zielen auf die Integration und Verknüpfung mit den Nachbardisziplinen. So wird die Frage noch einmal aufgeworfen, ob die Konzentration auf das Fundraising eine angemessene Beschreibung dieser spezifischen Tätigkeit ist oder ob nicht viel stärker als bislang die Geber-Perspektive auch begrifflich eingeholt werden muss, was beispielsweise mit den Begriffen CSR, und mehr noch, Philanthropie gegeben ist. Für künftige Curricula wird sich deshalb die Frage stellen, ob der Fundraising-Begriff nicht mindestens um die Philanthropie-Dimension erweitert werden muss. Gegenwärtige neueste Entwicklungen weisen in diese Richtung.

Möglichkeiten der Fundraising-Qualifizierung

Von Anfang an gab es unterschiedliche Varianten, sich im Fundraising fort- und weiterzubilden. Inzwischen sind die Optionen vielfältig geworden; die wichtigsten Ansätze sollen im Folgenden dargestellt werden. Welche Form der Qualifizierung angeraten ist, hängt nicht zuletzt vom Status und den angestrebten Berufsperspektiven des Einzelnen ab. Große Organisationen verfügen über Fundraising-Teams oder Abteilungen mit festen Zuständigkeiten, zum Beispiel für das Großspender- und Erbschafts-Fundraising. In kleinen und mittleren Organisationen verantwortet oft eine Person das gesamte Fundraising: vom Spendenbrief über Online-Tools bis hin zu öffentlichen Fördermitteln und Unternehmenskooperationen.

Training on the Job

Eine noch immer übliche Spielart der Qualifizierung ist die der alltäglichen beruflichen Professionalisierung. Dies geschieht durch Einarbeitung durch Kolleginnen und Kollegen; oder immer wieder auch durch den „Sprung ins kalte Wasser“ aufgrund der Beauftragung, das Fundraising für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld aufzubauen. Mitarbeitende mit Berufserfahrungen aus den Bereichen Marketing, Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und PR fällt dieser Einstieg häufig leichter als Einsteigern und Personen, die sich umorientieren. Dennoch wird nach unserer Auffassung eine einfache Wissensadaption aus den Bereichen Werbung und Marketing immer schwieriger, weil das Fundraising sich selbst mit hoher Geschwindigkeit und hohen professionellen Standards entwickelt hat und weiter entwickelt. Für diejenigen, die in das Fundraising ohne Vorwissen einsteigen, sind mindestens regionale und überregionale Foren und Kongresse als vorläufige Grundlage anzuraten besser aber - und vor allem für Einzelkämpfer angeraten - noch eine erste Begleitung im neuen Arbeitsfeld in Form von Coaching oder durch kollegiale Beratung.

Kursangebote

In den vergangenen Jahren haben sich die Kursangebote im Fundraising vervielfältigt, sowohl was Hochschulen und Universitäten angeht als auch die Angebote von privaten Dienstleistern. Häufig sind es Grundlagenseminare, seltener Kurse zu spezifischen Themen. Diese Kursformate sind dann anzuraten, wenn die künftige Berufsperspektive sich nicht hauptsächlich auf das Fundraising beziehen soll oder die Mitarbeiter sich ein (erstes) Überblickswissen verschaffen wollen. In jedem Fall sollte geprüft werden, über welche Erfahrungen die Dozentinnen und Dozenten im operativen Fundraising verfügen, weil im Fortbildungsmarkt gegenwärtig die Berater-Perspektive dominiert. Zudem sollten die zuvor ausgeführten Frameworks einen angemessenen Raum im Curriculum einnehmen. Vielleicht am wichtigsten ist die Befähigung, im Kurs eigene angeleitete Erfahrungen in der operativen Umsetzung machen zu können. Kurse sollten nicht nur für einen ausgeprägt motivationalen Ansatz stehen, sondern eine langfristige Perspektive für das jeweilige Arbeitsfeld eröffnen. Kurzformatige Kurse sind ein gutes Mittel, um sich innerhalb kurzer Zeit einen Einblick in ein neues Arbeitsfeld zu verschaffen. Zunehmend werden vor allem diese kurzformatigen Kurse auch online als Webinare angeboten. Zugleich kann man nicht davon ausgehen, dass sich in dieser kurzen Fortbildungszeit Institutionen bewegen oder gar verändern. Dem motivierenden Impuls des Kurses folgt dann häufig im Alltag das harte Bohren dicker Bretter. Deshalb ist es bei dieser Art von Kurs-Varianten von vornherein zu empfehlen, Follow Ups in den Blick zu nehmen, die die tägliche Arbeit in Form von Coachings o. Ä. begleiten.

Studiengänge

Das Angebot an Studiengängen ist im deutschsprachigen Raum noch immer überschaubar. Gegenwärtig liegt ein Masterstudiengang „Philanthropie und Fundraising-Management“ der Hochschule Ludwigshafen in Kooperation mit der Fundraising Akademie zur Akkreditierung vor. In allen umfangreicheren Qualifizierungsmaßnahmen werden Aspekte der institutionellen Voraussetzungen mit den fachlichen und personalen Kompetenzen verschränkt. Dies hat den Vorteil, dass sich bei berufsbegleitend ausgelegte Studiengänge das organisatorische Setting, in welches das Fundraising eingebunden ist, verändert und in Bewegung kommt. Pointiert formuliert: Aus der Erfahrung lässt sich konstatieren, dass Fundraising-Studiengänge Personen und Institutionen verändern. Unterstützend hierbei ist freilich zudem das professionelle Netzwerk, das über die Bildungsanbieter vorhanden ist und Neu- oder Quereinsteigern mit hoher Geschwindigkeit die Laufbahnplanung fördert. In allen Studiengängen werden neben den im engeren Sinne fachlichen Kompetenzen Aspekte des Change Managements berücksichtigt, ebenso ein erstes Coaching und Soft Skills. Die Abschlüsse der aktuellen Anbieter gelten häufig als Türöffner für berufliche Perspektiven wie auch für die Karriereplanung insgesamt. Häufig arbeiten die Bildungsanbieter mit besonders erfahrenen Kursleitern, die den individuellen Lernprozess über Feedback-Systeme und Beratungen befördern. Zu nennen ist zudem das enzyklopädische Format der Curricula, indem während der Zeit des Studiums solides Fachwissen und Fachkompetenz vermittelt wird. Dies befähigt dann häufig für vielfältige Einsatzmöglichkeiten in den Fundraising-Abteilungen. Spezifische Hausarbeiten, Prüfungen und eine Abschlussarbeit (bzw. Master-Thesis) runden das Kompetenzprofil ab, indem Dokumente von den Studierenden angefertigt werden, welche eine konzeptionelle Vertiefung auf ein spezifisches Tätigkeitsfeld aufweisen und auf konkrete Kontexte bezogen sind.

Inhouse-Seminare

Manche Organisationen entscheiden sich dafür, Fortbildungen im Team durchzuführen, um die Qualifizierung von Anfang an mit der strategischen Ausrichtung zu verbinden. Dies können Grundlagenkurse sein, die für die Mitarbeiter angeboten werden oder auch Workshops zu bestimmten Themen. Der Vorteil von Inhouse-Seminaren ist, dass neben der Verknüpfung mit der Strategie zugleich eine Form der Team-Bildung vonstatten geht, sodass man nicht nur die „inhaltliche Kraft“ in der Organisation präsent hat, sondern auch diejenigen Akteure mit ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten zueinander finden, die mit der Umsetzung betraut sind. Der Nachteil von Inhouse-Seminaren kann darin gesehen werden, dass sich das notwendige Netzwerk nicht in dem Maße entwickeln kann. Inhouse-Seminare sind in jedem Fall für dezentral strukturierte Einrichtungen empfehlenswert, um eine Bündelung der Kräfte durch Qualifizierung zu ermöglichen.

Coaching

Coaching würde man im engeren Sinne nicht unter Qualifizierung subsumieren, es ist aber ein Prozess, der de facto zu Reflexion, Kompetenz und Handlungsfähigkeit führt. In den letzten Jahren hat die Nachfrage nach Coaching-Angeboten zugenommen. Diese sind als Begleitung zum Start bei der Implementierung des Fundraisings empfehlenswert, als Impuls beim Auftakt von Prozessen oder wenn diese ins Stocken geraten (sind), als strategische Unterstützung sowie als Begleitung der Qualifizierung selbst. Auch wenn beide Aspekte immer ineinander verwoben sind, kann man sachlich trennen zwischen Coachings, die sich auf das Aufgabenfeld beziehen und häufig vom Arbeitgeber beauftragt und finanziert werden, und Coachings, die als Begleitung und Befähigung der Akteure ausgelegt sind. Letztere werden dann häufig auch privat finanziert. Gerade in allen Veränderungs- und Interventionsprozessen ist es ratsam, auf externe Beratung zurückzugreifen, weil der Blick von außen zwar nicht überlegen ist, es aber zumeist ermöglicht, Personen und Strukturen in Bewegung zu bringen. In anspruchsvolleren Bildungsangeboten sind Coaching-Elemente in der Regel bereits integriert. In jedem Fall sollten Möglichkeiten des Coachings geprüft werden. Eine erste Orientierung können ggf. auch Formen der kollegialen Beratung geben.

Perspektiven und Handlungsoptionen

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das Fundraising im deutschsprachigen Raum noch immer stark von der Betriebswirtschaft geprägt. Das mag dem zunehmenden Verdrängungswettbewerb geschuldet sein, dem sich NPOs stellen müssen. Andererseits verwundert diese rein ökonomische Ausrichtung, weil im angelsächsischen und frankophonen Sprachraum längst vielfältige Diskurse gerade in den Wissenschaften vom Menschen zu Gabe und Reziprozität geführt werden; die Debattenstränge und Publikationen sind nahezu unüberschaubar. Um eine echte interdisziplinäre Rezeption der Fundraising-Theorie zu erreichen, ist es nun wichtig, Anschluss an die vielfältigen Debatten in den benachbarten Wissenschaften zu finden. Naheliegende Themenbereiche sind natürlich Marketing, Marktforschung, Controlling sowie Organisations- und Systemtheorie. Gegenwärtig sind die ersten Verknüpfungen zur Reichtumsforschung zu beobachten, aber auch zur Politikwissenschaft, was Selbstverständnis, Struktur und Finanzierung des Dritten Sektors angeht, zudem rücken Fragen nach Governance und Kybernetik ins Blickfeld. Das größte Desiderat im deutschsprachigen Raum liegt darin, Anschluss an Diskussionszusammenhänge zur Gabetheorie und Reziprozität zu finden. Inzwischen ist hier neben philosophischen und kulturanthropologischen Publikationen auch auf einschlägige historische Arbeiten zu verweisen. Diese Rezeption könnte dann auch zu einer weiteren Selbständigkeit des Fundraisings als eigene Disziplin führen, indem nicht nur Sprachspiele aus anderen Wissenschaften trivial adaptiert, sondern eigene geprägt werden, die dem jeweiligen Kontext entsprechen und angemessen sind.

 

(Bild: Paul Stadelhofer)

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Kommentar von Klaus-Richard Arnold |

Schöner Artikel :-) gibts den auch in DEUTSCH?
Zu viele Fachbegriffe oder englische Ausdrücke!!!

Kommentar von Malte Lerch |

Dem Vorredner stimme ich voll zu!