AKADEMISCHES

Kein Hurra im Spendenjahr

Nur wenige fühlen sich von Werbung zum Spenden animiert.
Nur wenige fühlen sich von Werbung zum Spenden animiert.

Die Zahlen klingen auf den ersten Blick gut. Mehr Stiftungsgründungen, mehr Spenden im Jahr 2018. Doch schaut man genauer hin, entdeckt man viele strukturelle Probleme des Dritten Sektors. Ein Blick auf aktuelle Umfrageergebnisse zum Spendenmarkt und was dahinter steckt.

von Kurt Manus


Die Deutschen haben 2018 mit rund 5,3 Milliarden Euro wieder mehr gespendet. Aber immer weniger Menschen spenden. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort: Die Zahl der Spender geht zurück, aber diejenigen, die noch spenden, spenden immer mehr. Das sind Ergebnisse der GfK-Studie „Bilanz des Helfens“, die jährlich im Auftrag des Deutschen Spendenrats e.V. durchgeführt wird.


Anzahl der Spender sinkt stark

Im Jahr 2018 haben so wenige Menschen gespendet wie noch nie seit Beginn der Erhebung 2005: Nur noch 20,5 Millionen Menschen – das sind 30,5 Prozent der Deutschen ab zehn Jahren – gaben 2018 Geld an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen. Im Vergleich zum Vorjahr waren das etwa 800.000 Menschen weniger. Es ist allerdings wichtig zu wissen, dass die GfK Großspenden über 1.000 Euro herausrechnet. Bei den deutschen Finanzämtern wurden deshalb 2015 fast 10 Milliarden Euro von Privatpersonen geltend gemacht. Der Spendenmarkt ist also viel größer. Zieht man die in einer ZIVIZ-Studie kürzlich ermittelten 10 Milliarden an Unternehmensspenden dazu, kann der Dritte Sektor jährlich über 20 Milliarden Euro für seine gemeinnützigen Projekte verfügen. Ausgenommen sind davon Erbschaften, für die es keine Zahlen gibt.

Durchschnittsspende steigt

Ist also alles gut? So könnte man es sehen, denn die durchschnittliche Spende pro Spendenakt stieg von 35 Euro auf den Rekordwert von 38 Euro, bei gleichzeitig relativ stabiler Spendenhäufigkeit pro Spender. Knapp sieben mal pro Jahr wird gespendet. „Es verstärkt sich der Eindruck, dass diejenigen, die spenden, sich immer stärker in der Verantwortung fühlen, Gutes zu tun“, analysiert Daniela Geue, Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrats. Vor zehn Jahren lag die Durchschnittsspende nur bei 28 Euro. Doch es wird auch deutlich, dass die meisten Spenden von bestehenden Spenderinnen und Spendern kommen. Über 50 Prozent der Befragten gaben an, regelmäßig an eine Organisation zu spenden. Von Spendenaufrufen fühlten sich nur 17,8 Prozent animiert (siehe Bild).

Die Deutschen haben im Jahr 2018 mehr für Umwelt- und Naturschutz, Tierschutz und Sport gespendet. Rund 100 Millionen Euro erhielt die humanitäre Hilfe. Immer noch rückläufig sind die Spenden für kirchliche Organisationen. Sie gingen von 27 Prozent auf rund 24,5 Prozent zurück. Insbesondere die Kirche als Institution ist von einem starken Rückgang betroffen Auch der Anteil für die Not- und Katastrophenhilfe sank von 12,6 Prozent auf 9,7 Prozent deutlich. Dementsprechend ging der Anteil der Spenden an internationale Projekte von über 40 Prozent auf 37 Prozent zurück.

Im Fünf-Jahres-Vergleich relativiert sich das Bild. Es sind die jungen Spenderinnen und Spender, die zum Spendenwachstum beitragen.
Im Fünf-Jahres-Vergleich relativiert sich das Bild. Es sind die jungen Spenderinnen
und Spender, die zum Spendenwachstum beitragen.

Jüngere Generationen holen beim Spenden auf

Der Anteil der Spenden der Generation 60+ macht nach wie vor mehr als die Hälfte am Gesamtspendenvolumen aus. Gleichwohl haben im letzten Jahr die unter 60-jährigen einen höheren Anteil am Spendenvolumen als im Vorjahr. Der Anteil am Spendenaufkommen ist von knapp 43 Prozent im Vorjahr auf rund 47 Prozent angestiegen. Im Fünf-Jahres-Vergleich sieht man zwar einzelne Ausreißer, aber eigentlich Konstanz. Es kommen also kaum neue Spender nach. Dass das Spendenvolumen trotzdem steigt, liegt auch daran, dass gerade die jüngeren Spendenzielgruppen in den letzten Jahren deutlich mehr spenden. Das durchschnittliche Spendenvolumen der über 70-Jährigen dagegen blieb eher konstant, aber auf hohem Niveau. (Bild 2)


Dezember ist der Spendenmonat

Der Monat Dezember ist mit 20 Prozent des Jahresspendenaufkommens für alle Altersgruppen der mit Abstand wichtigste Spendenmonat. Vor allem bei den Jüngeren hat er im letzten Jahr deutlich an Bedeutung gewonnen: Die bis 29 Jahre alten Spender spendeten im Dezember 2018 rund 44 Prozent mehr als noch im Dezember 2017. Bei den 30–39 Jahre alten Spendern waren es im gleichen Zeitraum sogar rund 90 Prozent mehr.

Immer mehr Stiftungen haben Probleme mit dem Kapitalerhalt.
Immer mehr Stiftungen haben Probleme mit dem Kapitalerhalt.

Stiftungen in Schwierigkeiten

2018 war ein Jahr der Wende für die Vermögensanlage in Deutschlands Stiftungen. Wie eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes deutscher Stiftungen zeigt, erwarten knapp 40 Prozent der Stiftungen eine Rendite unterhalb der Inflationsgrenze. Dieses Ergebnis liefern die neuesten Zahlen aus dem Stiftungspanel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. 2017 sahen nur 20 Prozent der befragten Stiftungen den Inflationsausgleich in Gefahr. „2018 war ein hartes Jahr“, konstatiert Felix Oldenburg, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Er sieht aber ein Umdenken bei den Stiftungen: „Stiftungen sind von passiven Sparern zu aktiven Investoren geworden. Leider gibt es noch zu wenig maßgeschneiderte Angebote von Finanzdienstleistern.“ Weniger Rendite bedeutet bei Stiftungen aber auch weniger Geld für den Stiftungszweck. Es ist deshalb kaum verwunderlich, dass immer mehr Stiftungen bei Fortbildungsveranstaltungen im Fundraising auftauchen. Die Banken sehen auch in den nächsten Jahren immer noch keinen Aufwärtstrend bei den Zinsen. (Bild 3)


Kontinuierliches Wachstum

Erfreulich ist, das immer noch Stiftungen gegründet werden. Um 2,1 Prozent ist die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts im vergangenen Jahr gestiegen. 554 Stiftungen erhielten 2018 eine Anerkennungsurkunde. 2017 waren es 549 Stiftungen. 28 Stiftungen gibt es heute pro 100.000 Bundesbürger. Zu den jetzt 22.743 rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts kommt noch eine Vielzahl anderer Rechtsformen, wie zum Beispiel Treuhandstiftungen. „Die aktuelle Situation mit niedrigen Zinsen und volatilen Märkten ist für Stiftungen zwar schwierig. Doch wer sich für die Gründung einer auf Dauer angelegten Stiftung entscheidet, tut dies mit einer langfristigen Perspektive und in der Absicht, sich nachhaltig für die Gesellschaft zu engagieren“, sieht das Prof. Dr. Joachim Rogall, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen weiterhin optimistisch.


Erfreulicher Trend im Osten

Auch der Osten der Republik holt etwas auf. So lag das Nettowachstum an Stiftungsgründungen in den fünf östlichen Bundesländern mit 3,7 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. 62 der 554 Neugründungen des vergangenen Jahres stammen aus Ostdeutschland. Spitzenreiter ist hier Brandenburg mit 16 neu anerkannten Stiftungen. Hamburg bleibt das Bundesland mit den meisten Stiftungen im Verhältnis zur Zahl der Einwohner: 78 Stiftungen gibt es hier pro 100.000 Einwohner. Bei den TOP 3 der Stiftungshauptstädte gab es Bewegung: Würzburg und Oldenburg können sich an der Spitze behaupten, während Frankfurt am Main für Aufsteiger Darmstadt auf den 4. Platz abrutscht.

(Bilder: Deutscher Spendenrat, Bundesverband deutscher Stiftungen)

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