AKADEMISCHES

Ehrenamt braucht Werbung

Auch das Ehrenamt braucht Werbung.
Auch das Ehrenamt braucht Werbung.

Ehrenamtliches Engagement ist für kleine wie große Organisationen überlebenswichtig. Eine aktuelle Studie der Caritas Deutschland zeigt das eindrücklich. Die Wohlfahrtsorganisation leitet daraus Konsequenzen ab, um die Werbung für Ehrenämter noch weiter zu verbessern. Ein Beispiel auch für andere Verbände.

Die Caritas ist einer der größten Arbeitgeber Deutschlands. Doch der Anteil der ehrenamtlich geleisteten Stunden ist ein wichtiger Faktor für die Wirksamkeit der Organisation. „In Altenheimen, in der Betreuung von Kindern aus Asylbewerberfamilien, in der Quartiersarbeit – überall schafft die Caritas Räume für freiwilliges Engagement“, unterstreicht Caritas-Präsident Peter Neher. Diese Möglichkeiten untersuchte eine Ehrenamtserhebung, die 2016/17 von der Katholischen Hochschule Freiburg in den Einrichtungen der Caritas Deutschland durchgeführt und jetzt veröffentlicht wurde.


Frauen dominieren Ehrenamt

Drei Viertel der erfassten Ehrenamtlichen bei der Caritas sind Mitglied der katholischen Kirche, und lediglich sieben Prozent haben keine deutsche Staatsangehörigkeit. Neben 26 Prozent männlichen Ehrenamtlichen sind knapp drei Viertel der Freiwilligen Frauen. Etwa zwei von fünf Ehrenamtlichen sind jünger als 50 Jahre.

Neben dem langjährigen Engagement in klaren Strukturen, gibt es in den Einrichtungen und Diensten der Caritas vielfältige neue und eher projektartige Formen ehrenamtlichen Engagements.
Mehrere hunderttausend Ehrenamtliche engagieren sich bei der Caritas, darunter 340.000 Ehrenamtliche direkt in den Einrichtungen und Diensten der Caritas. Im Durchschnitt waren 14 Ehrenamtliche in einer Einrichtung beziehungsweise einem Dienst tätig und jeweils sechs Stunden im Monat im Einsatz. Diese leisteten insgesamt etwa 24 Millionen Einsatzstunden – davon rund 22 Millionen Stunden regelmäßig, zwei Millionen Stunden projektbezogen engagiert und knapp 100.000 Stunden in einmaligem Engagement. Die meisten Freiwilligen waren dabei in der Kinder- und Jugendhilfe, der Altenhilfe und den weiteren sozialen Hilfen aktiv.


Ehrenamtliche in Verantwortung

Bei 76 Prozent der Rechtsträger der Caritas sind Ehrenamtliche in den Organen tätig. Im Jahr 2016 waren dort hochgerechnet etwa 16.250 Ehrenamtliche engagiert. In gut der Hälfte der Rechtsträger (54 Prozent) waren Ehrenamtliche im Vorstand beziehungsweise im Geschäftsführungsorgan engagiert, bei 35 Prozent im Aufsichtsorgan. Ehrenamtliche Vorstände beziehungsweise Geschäftsführende finden sich vor allem in den eingetragenen Vereinen. Der Zeitaufwand, den die Ehrenamtlichen in den Organen der Rechtsträger erbracht haben, betrug hochgerechnet rund 73.300 Stunden im Monat. Im Schnitt entfielen etwa 30 Stunden im Monat auf einen einzelnen Rechtsträger. Das sind 4,5 Stunden im Monat pro Mann oder Frau.


Vereinbarkeit herstellen

„Mit der Aufnahme von Geflüchteten im Sommer 2015 hat sich gezeigt, dass im Bereich der Migrationsdienste eine große Zahl von Ehrenamtlichen gewonnen werden konnte. Diese Frauen und Männer ließen sich von sichtbarer Not schnell dazu motivieren, sich selbst zu engagieren. Viele von ihnen wollten aber unabhängig bleiben und nicht von einem Träger ‚vereinnahmt‘ werden. Modernes Ehrenamtsmanagement heißt also, Vereinbarkeit herstellen“, so Neher. Das gelte sowohl in Bezug auf die Anforderungen von Beruf und Familie als auch zwischen den Anforderungen und Wünschen der Dienste und Einrichtungen und denen der Freiwilligen.

Umso wichtiger sei es, attraktive Angebote für Ehrenamtliche zu entwickeln und eine Vielfalt der Engagement-Möglichkeiten zu gestalten. Freiwilligen-Management und Ehrenamtskoordination seien so zu gewährleisten, dass die Selbstorganisation der Ehrenamtlichen Wertschätzung erfährt und gestärkt werde. So könne bürgerschaftliches Engagement für alle Bevölkerungsgruppen ermöglicht werden. „Dann eröffnen sich Chancen, die Vielfalt im Engagement zu nutzen und den Zusammenhalt zu stärken. Denn die Zeit der Menschen ist kostbar, genau wie ihr Ehrenamt“, so Neher.


Handlungsempfehlungen der Caritas

Die Studie stellte dazu als besonders bedeutsam fest, das Ehrenamtliche ihren Weg in die verbandliche Caritas nicht von allein finden. Es bedürfe da einer kontinuierlichen Ermutigung zu diesem Engagement auf allen verbandlichen Ebenen.

Dazu machte die Caritas acht Handlungsempfehlungen, die auch für andere Vereine und Verbände relevant sind:

Für eine gelingende und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Engagierten ist ein klares Bekenntnis der Führungsebene zum Ehrenamt erforderlich. Das schließe auch ehrenamtsfreundliche Organisationsstrukturen und -strategien ein.

Um dem Trend hin zu selbstbestimmtem, weniger funktional zugeordnetem, gegebenenfalls auch zeitlich begrenztem projektorientierten Engagement Raum zu geben, bedarf es passender Angebote und somit auch eine Vielfalt der Engagementmöglichkeiten.

Die Caritas regt auch an, bisher unterrepräsentierte Bevölkerungsteile in den Blick zu nehmen um so die Basis für Engagement zu verbreitern.

Die Förderung des Ehrenamtes muss neben der guten Begleitung vor Ort, der Erfahrung der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns auch Weiterbildungs- und Qualifizierungs-Möglichkeiten gewährleisten.


Sozial braucht digital

Die traditionelle Form des Werbens von Freiwilligen durch persönliche Ansprache reiche allein nicht aus, um vorhandenes Engagement-Potenzial aufzudecken und auszuschöpfen. Der Erfolg bei der Gewinnung von Freiwilligen sei aber maßgeblich davon abhängig, zielgruppengerecht und über die richtigen Werbekanäle angesprochen zu werden.

Ehrenamtliche sind Mitarbeitende auf Augenhöhe. Für eine passgenaue Rahmung sind begleitende Strukturen, eine eigene Interessenvertretung oder eine Ehrenamts-Koordination notwendig. Ohne die Bereitstellung von Ressourcen werden sich viele Ehrenamtliche in ihrem Elan ausgebremst fühlen.

Das wertvolle Engagement solle auch stärker anerkannt werden. Eine wirksame Kultur der Wertschätzung muss in ein Gesamtkonzept eingebettet sein, das die Engagierten in den Mittelpunkt stellt und ihr Wirken der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Für den Verband bedeutet diese Vorgehensweise aber auch die Bereitschaft zu mehr Offenheit und eben nicht bereits zu „wissen“, was nottut, sondern sich auf die Bedürfnisse von Betroffenen und Engagierten einzulassen und darauf zu reagieren.

(Bild: Landesfeuerwehrverband Bayern)

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