AKADEMISCHES

Mehr Spenden durch Siegel

Spendensiegel in Deutschland
Spendensiegel in Deutschland

Die Zahl der Organisationen, die das DZI-Spendensiegel tragen, wächst nur sehr langsam. Als Grund werden oft die Kosten genannt. Ein verhaltensökonomisches Experiment des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zeigt nun, dass Siegelträger mehr Spenden erhalten.

Bei ihrem Experiment arbeiteten WZB-Ökonomin Dr. Maja Adena und ihr Team mit der gemeinnützigen Björn Schulz Stiftung zusammen, die das Siegel vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI-Spendensiegel) trägt. In einem verhaltensökonomischen Experiment mit etwa 500 Teilnehmern hat eine Gruppe einen einfachen Spendenaufruf der Stiftung erhalten, eine andere Gruppe wurde zusätzlich zu dem Spendenaufruf darüber informiert, dass diese Stiftung das DZI-Spendensiegel trägt. Das Spendensiegel beeinflusste die Bewertung der Stiftung: Die darüber aufgeklärten Teilnehmer spendeten durchschnittlich zehn Prozent mehr als diejenigen, die den Brief ohne Informationen über das Zertifikat erhielten. Auch wenn den Teilnehmern erläutert wurde, dass die gemeinnützigen Organisationen der Zertifizierungsstelle Gebühren für das Siegel zahlen müssen, verringerte sich die Spendenbereitschaft nicht.


Siegel erhöhen Vertrauen

Die Studie zeigt, dass Qualitätssiegel das Vertrauen in karitative Einrichtungen erhöhen. „Siegel machen den Unterschied“, erklärt Maja Adena. Es lohnt sich zum einen für die Organisationen, in ein Siegel zu investieren. Auf der anderen Seite könnte der Staat das private Spendenaufkommen erhöhen, wenn er Zertifikatsmodelle unterstützen würde.

Die Ergebnisse könnten auch auf andere Güter und Dienstleistungen jenseits des gemeinnützigen Sektors übertragen werden, deren Qualität von den Kunden nicht leicht zu beurteilen ist und bei denen die Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer auf Vertrauen basiert, machte die Wissenschaftlerin deutlich. Die Studie ist unter dem Titel „Quality certifications for nonprofits, charitable giving and donor’s trust: experimental evidence“ als WZB Discussion Paper veröffentlicht.


Wilke rechtfertigt Gebühren

Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI), übertrug diese Ergebnisse in einem Fachbeitrag auf die derzeit 227 Spenden-Siegel-Organisationen mit ihrer jährlichen Geldspendensumme von rund 1,4 Milliarden Euro (2014) und schlussfolgerte, dass jährlich bis zu 130 Millionen Euro an Geldspenden durch das Spenden-Siegel generiert werden. Er begründete das vor allem mit der „positiven, Vertrauen schaffenden Wirkung“. Nach seiner Rechnung stehen diesem rechnerischen Mehrwert Prüfgebühren für die Bearbeitung der Spenden-Siegel-Anträge von jährlich rund 720.000 Euro gegenüber. Somit führt ein Euro Prüfgebühr nach seiner Rechnung zu 180 Euro an zusätzlichen Geldspenden.

Über einen Gebührenrechner können Organisationen prüfen, welche Summen für das Spendensiegel auf sie zukommen. Für kleinere regionale Organisationen ist es aber weiterhin nicht möglich, das Siegel zu erwerben.


Transparenz-Initiative wächst schneller

Deutlich schneller als die Zahl der DZI-Spendensiegel-Träger wächst die Zahl der Organisationen, die das Siegel der transparenten Zivilgesellschaft tragen. Die 2010 gestartete „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ (ITZ) verzeichnete Ende 2017 etwas mehr als 950 Organisationen und Einrichtungen. Im Dezember 2016 waren es noch rund 800 Organisationen, die sich zur Veröffentlichung von zehn der von der ITZ festgelegten Basisinformationen entschlossen. Leider ist die Anzahl der Teilnehmer an dieser Initiative aber immer noch marginal, wenn man von zumindest 25 bis 50.000 Organisationen in Deutschland ausgeht, die professionell Fundraising betreiben. Von den 600.000 gemeinnützigen Organisationen und 40.000 Stiftungen ganz zu schweigen.

„Angesichts dieser bedeutsamen Vertrauenswirkung ist es natürlich besonders wichtig, dass die Qualität und Aussagekraft eines solchen Spendensiegels auch tatsächlich den hohen Erwartungen der Öffentlichkeit gerecht werden“, sagt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. „Deshalb sind wir froh, dass im September 2017 von unserem internationalen Dachverband, dem International Committee on Fundraising Organizations (ICFO), erstmals konkrete Qualitätsrichtlinien für die Prüfung von Spenden sammelnden Organisationen veröffentlicht wurden.“ Sie sind über die ICFO-Website abrufbar.

(Bilder: Deutsche Evangelische Allianz, DZI, Phineo, TÜV-Thüringen, Deutscher Spendenrat, Deutscher Fundraising Verband, Initiative transparente Zivilgesellschaft)

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Kommentar von Ulrich Wilk |

"Für kleinere regionale Organisationen ist es aber weiterhin nicht möglich, das Siegel zu erwerben." Und genau darin liegt ja auch der Sinn. Große Organisationen können sich das leisten und grenzen lokale Organisationen, die oft nur mit Ehrenamtlichen viel erreichen, lustig aus. Die Kleinen kommen zu Nichts. Sehr schade.