AKADEMISCHES

Ehrenamtliche in deutschen Museen

Im Hoesch-Museum in Dortmund sind es Ehrenamtliche, die den Museumsbetrieb mit ihrem freiwilligen Einsatz erst ermöglichen.
Im Hoesch-Museum in Dortmund sind es Ehrenamtliche, die den Museumsbetrieb mit ihrem freiwilligen Einsatz erst ermöglichen.

Laut dem Deutschen Freiwilligensurvey von 2009 engagieren sich rund 30 Millionen Deutsche derzeit ehrenamtlich, mehr als vier Millionen davon im kulturellen Bereich. Parallel zu diesem beachtlichen Engagement wächst jedoch auch die Anzahl der Museen, die das Potenzial ehrenamtlicher Unterstützung erkennen. Da die Konkurrenz um Ehrenamtliche für die einzelne Institution folglich größer wird, ist es langfristig unumgänglich, die Suche, Betreuung und Pflege der Ehrenamtlichen systematisch zu koordinieren.

Die folgenden Ergebnisse stützen sich neben theoretischen Erkenntnissen auf eine Studie, die im Frühjahr 2015 im Rahmen einer Masterarbeit durchgeführt wurde. Rund eintausend Museen, die mehr als 20.000 Besuche jährlich zählen, wurden zu Umfang, Betreuungssituation und Einstellungen gegenüber Ehrenamtlichen befragt. Insgesamt nahmen 28 Prozent der Museen (258) an der Umfrage teil.

Auf der Suche nach Ehrenamtlichen

Nur wer Ehrenamtliche sucht, kann diese auch finden. Eine strategische und offensive Nachwuchsförderung ist für ein nachhaltiges Ehrenamtsprogramm daher existenziell. Die geeigneten Kanäle variieren dabei von Museum zu Museum und müssen entsprechend der Zielgruppen angepasst werden. So können museumsnahe Personen durch Aushänge im Museum (15 %), Hinweise auf der Website (27 %) oder in sozialen Netzwerken (12 %) sowie durch eine gezielte Ansprache der Mitglieder des Freundeskreises gewonnen werden. Darauf greifen rund zwei Drittel der befragten Museen zurück. Am stärksten wird auf den Effekt der Mund-zu-Mund-Propaganda gesetzt, 78 Prozent der Museen nutzen diesen Verbreitungsweg. Diese Form der Ansprache mag zwar wirkungsvoll und leicht realisierbar sein. Damit bleibt jedoch nach einer Studie des Museumsbundes „der Kreis der Freiwilligen relativ exklusiv, eine Öffnung des Museums in die Öffentlichkeit findet kaum statt“.

Die Anzahl der genutzten Kanäle und die Anzahl der Engagierten stehen in engem Zusammenhang: Während Museen mit bis zu zehn Ehrenamtlichen im Durchschnitt zwei verschiedene Werbekanäle bemühen, investieren Museen mit 30 und mehr Ehrenamtlichen in bis zu vier Kanäle. Auch wenn die Suche neuer Freiwilliger zeitliche und finanzielle Ressourcen beansprucht, scheinen sich diese Investitionen zumindest in quantitativer Hinsicht auszuzahlen.

Anerkennungskultur

Eines der zentralen Momente des Ehrenamtes ist die Unentgeltlichkeit der geleisteten Arbeit. Trotz – oder gerade wegen – dieses Grundsatzes müssen andere Formen der Anerkennung gefunden werden, die eine Wertschätzung des Engagements zum Ausdruck bringen.

Ein Drittel aller Museen gibt an, ihren Ehrenamtlichen keinerlei Gegenleistungen zukommen zu lassen, dies trifft insbesondere auf Museen mit wenigen Ehrenamtlichen zu. Da Anerkennung häufig auf ideeller Ebene geschieht, greift eine möglicherweise geringe finanzielle Ausstattung hier zu kurz. Dies zeigt auch die Tatsache, dass 88 Prozent der Museen, die überhaupt Anerkennung zeigen, dies auf symbolische Art leisten. Exklusive Veranstaltungen für Ehrenamtliche wie kulturelle Ausflüge, Sonderführungen oder Kuratorenvorträge sind im Museum ein besonders verbreitetes Instrument der Anerkennung (54 %).

Eine weitere Form der Belohnung ist die geldwerte Anerkennung. Darunter fallen kostenlose oder ermäßigte Eintritte in das Museum, die in Deutschland etwa zwei Drittel der Museen gewähren. Eine deutlich untergeordnete Rolle spielen Rabatte in museumsnahen Einrichtungen wie Shop und Café. Kaum ein Museum gesteht seinen ehrenamtlichen Mitarbeitern dort Reduktionen zu.

Monetäre Entlohnungen als dritte Form der Anerkennung werden unter Experten kontrovers diskutiert. Insbesondere pauschale oder gar stundenweise Aufwandsentschädigungen werden kritisch beurteilt, da die grundsätzliche Unentgeltlichkeit des Engagements gilt und sich das Museum damit in eine Nähe zur Erwerbsarbeit begibt – mit allen rechtlichen Konsequenzen.

Das Ehrenamtsmanagement

Untenstehend sind dreizehn Kriterien, die die zentralen Momente im Ehrenamtsmanagement abbilden. Es sei betont, dass diese Liste zwar auf umfangreiche theoretische und praktische Erfahrungen gegründet ist, individuelle Bedürfnisse und Rahmenbedingungen einzelner Museen jedoch nicht berücksichtigt werden können. Die Liste dient damit lediglich als ein Gerüst, an dem sich Einrichtungen orientieren können, das sie jedoch an ihre eigenen Bedingungen anpassen müssen.

  1. Es gibt einen festen Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen.
  2. Es gibt eine Infoveranstaltung für am Ehrenamt Interessierte.
  3. Es werden Stellenanzeigen für die Gewinnung der Ehrenamtlichen formuliert.
  4. Die Suche nach neuen Ehrenamtlichen findet über mehrere Kanäle statt.
  5. Das Museum hält ‚Vorstellungsgespräche‘ mit Interessierten ab.
  6. Zwischen dem Museum und den Ehrenamtlichen werden schriftliche Vereinbarungen getroffen (‚Vertrag‘).
  7. Es gibt einen Einführungskurs für die Einarbeitung neuer Ehrenamtlicher.
  8. Das Museum bietet Fortbildungen für die Ehrenamtlichen an.
  9. Hauptamtliche Mitarbeiter haben die Möglichkeit, sich für den Umgang mit Ehrenamtlichen schulen zu lassen.
  10. Das Museum organisiert informelle Treffen für einen Erfahrungsaustausch der Ehrenamtlichen.
  11. Das Museum pflegt eine Datenbank mit relevanten Daten der Ehrenamtlichen.
  12. Das Ehrenamtsprogramm wurde schon einmal systematisch evaluiert.
  13. Der Kontakt zu ehemaligen Ehrenamtlichen wird aufrechterhalten.

Mehr zu den Ergebnissen der Studie lesen Sie in dieser Zusammenfassung.

 

Franziska GötzFranziska Götz studierte Kulturgeschichte und Literaturwissenschaft in Augsburg und Lyon (B.A.) und machte ihren Master (M.A.) am Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburg. Ihre Abschlussarbeit beschäftigte sich mit dem Einsatz von Ehrenamtlichen in deutschen Museen. Unter anderem war sie bereits Ausstellungsführerin im Literaturmuseum der Moderne sowie im Schiller-Nationalmuseum in Marbach und Projektmitarbeiterin am Landesmedienzentrum Baden-Württemberg bei der „SchulKinoWoche 2016“.

(Bild: NRW-Stiftung, privat)

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