AKADEMISCHES

Crowdfunding lebt vom Endspurt

Kampagnenverläufe im Crowdfunding
Kampagnenverläufe im Crowdfunding

Crowdfunding ist für viele noch ein Buch mit sieben Siegeln. Eine Untersuchung des Max Planck Instituts für Ökonomik und der Universität in Jena bringt nun erstmals etwas Licht ins Dunkel. Etwa welchen Verlauf Crowdfunding-Projekte normalerweise nehmen, um erfolgreich finanziert zu werden.

Gemeinsam mit der in Deutschland größten Crowdfunding-Plattform „startnext“ untersuchten die Wissenschaftler Tobias Regner und Paolo Crosetto in einem Forschungsprojekt insgesamt 2.252 Crowdfunding-Projekte im Zeitraum Oktober 2010 bis Februar 2014. Knapp die Hälfte davon war erfolgreich.

Alles oder nichts

Die Frage, ob ein Projekt mit Crowdfunding finanziert werden kann, ist der Verhinderer für viele Non-Profit-Organisationen. Sie scheuen den Aufwand und nutzen lieber traditionelle Kanäle um Gelder zu akquirieren. Die Studie zeigt nun, dass tatsächlich nur 25 Prozent der Projekte von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind. Meist, weil die Idee oder die Kommunikation von Anfang an nicht funktioniert. Für echte Crowdfunder kein Problem, weil gerade das auch ein Markttest für die Umsetzbarkeit sein kann. 30 Prozent der untersuchten Projekte waren dagegen von Anfang an auf Erfolg getrimmt, gewannen sehr viele Unterstützer und hielten die Dynamik bis zum Erreichen des Fundingziels. Die Forscher nennen sie Rockets. (siehe Foto) Bei 45 Prozent der Projekte hängt der Finanzierungserfolg am seidenen Faden. Nur die Hälfte dieser Projekte schafft es in einem Endspurt doch noch, ihr gewünschtes Ergebnis zu erzielen und damit das Geld einzustreichen. Denn nur, wenn das angegebene Finanzierungsziel erreicht wird, fließt das Geld der Unterstützer wirklich an das Projekt.

Kampagnenzeitraum klug wählen

Charakteristisch für eine Crowdfunding-Kampagne ist also keine steil ansteigende Kurve sondern eher eine U-Form. Am Anfang ist das Interesse groß, was kurz danach schon merklich nachlässt. Wer dann nicht gegensteuert und seine eigenen Potenziale erschließt, hat kaum noch Chancen, denn erst zum Ende der Kampagne steigt die Anzahl der Unterstützer wieder stark an. Der Schlussgong prägt also das Crowdfunding. Startnext empfiehlt daher in seinem Blog eher kürzere, dafür aber intensivere Laufzeiten zwischen 30 und 45 Tagen.

Die Studie deckt auch auf, wie wichtig die Gegenleistungen im Crowdfunding sind. Ähnlich dem Sponsoring erhalten die Unterstützer mehr oder weniger kreative Gegenleistungen um für eine finanzielle Zusage motiviert zu werden. Das kann sogar soweit gehen, dass ein lokaler Radiosender anbietet sich nach dem Vornamen eines Großsponsors umzubenennen. Das Ergebnis der Studie ist deutlich: Diese Gegenleistungen stimulieren 80 Prozent aller Unterstützungen auf Startnext. Nur 20 Prozent sind freie Beträge oder Spenden für Projekte. Am besten funktionierten dabei Produkte wie CDs, ein Film oder ein Buch. Aber auch die Nennung im Filmabspann oder im Vorwort, die Einladung zur Premiere oder ein anderes Dankeschön funktioniert. Ein Konzept, das wie bei Spendentafeln auf den öffentlichen Reputationsgewinn setzt. Grundsätzlich sollten die Gegenleistungen einen Bezug zum Projekt haben, empfehlen die Forscher.

Kommunikation enorm wichtig

Eine spezielle Eigenart von Crowdfunding ist, dass man durchaus mehr Geld bekommen kann als man benötigt. Immerhin knapp 19 Prozent der Unterstützungen wurden bei Projekten geleistet, deren finanzielles Ziel schon längst erreicht war. Offenbar ist hier die Sicherheit, die anvisierte Gegenleistung wirklich zu erhalten der Grund, sich zu engagieren. Nervenkitzel liegt eben nicht jedem.

Die Ergebnisse der Studie stützen nach Angaben von Startnext auch die Annahme, das eine aktive Kommunikation Crowdfunding-Projekte befördert. Füße hochlegen, wie es das aktuelle Fundraiser-Magazin scherzhaft kolportiert, funktioniert also nicht. Crowdfunding ist harte Arbeit und verlangt gute Planung.

Das englischsprachige Paper der Studie kann man hier herunterladen.

 

(Bild: Tobias Regner, Paolo Crosetto)

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