AKADEMISCHES

Verwaltungskosten sind nicht schlecht

Verwaltungskosten

Der Verwaltungskosten­diskussion kann sich keine Organisation entziehen. Hohe Verwaltungskosten gelten allgemein als sicheres Indiz für ineffizientes Arbeiten einer NGO. Dem DZI gelten sie als eines der wichtigsten Kriterien zur Vergabe des Spendensiegels. Da ist es sicher an der Zeit die Frage zu stellen, ob der Verwaltungskostenanteil eine zuverlässige Kennzahl ist.

Der Begriff Verwaltungskosten umfasst alle Ausgaben, die nicht unmittelbar für satzungsgemäße Zwecke getätigt werden. Dabei muss unterschieden werden zwischen Kosten und Investitionen. Natürlich sind auch die reinen Verwaltungskosten notwendig, schließlich erwarten Spender und Mitglieder von NGOs, dass sie gut organisiert sind, qualitativ gute Projekte machen und effizient arbeiten. Ohne gut ausgebildetes Personal und eine fähige Verwaltung geht das nicht. Bei den Investitionen kommt noch ein Aspekt hinzu. Investitionen sind Kosten, die Einnahmen generieren. Bei NGOs sind das in erster Linie Marketing- und Fundraisingkosten.

Der Verwaltungskostenanteil ist das Verhältnis der Verwaltungskosten zu den Gesamtausgaben. Er wird oft als Maßstab für die Effizienz einer NGO betrachtet, verbunden mit der plakativen Frage: „Wieviel von den Spenden und Beiträgen kommt den Projekten zugute?“ Bei Investitionen ist die Frage nicht so eindeutig zu beantworten. Obwohl das Geld zunächst ausgegeben wird, generiert es neue Einnahmen, und solange Gewinn gemacht wird, steht den Projekten mehr Geld zur Verfügung als ohne diese Ausgabe.

Es ist daher sachlich geboten, zwischen allgemeinen Verwaltungskosten und Investitionskosten zu unterscheiden. Die beiden Kostenarten sind derart unterschiedlich, dass eine Vermischung keine sinnvolle Bewertung erlaubt. Eine Organisation die 30 Prozent ihrer Ausgaben für Investitionen und fünf Prozent für allgemeine Verwaltungskosten verwendet, ist ganz anders zu bewerten als eine, die 30 Prozent für allgemeine Verwaltungskosten ausgibt und fünf Prozent für Investitionen. Bei einer Vermischung sieht man für beide nur einen Anteil von 35 Prozent. Eine vernünftige Bewertung ist so nicht möglich.

Wäre es also sinnvoll, einen Investitionskostenanteil zu berechnen? Machen wir dazu ein Rechenbeispiel. Nehmen wir eine NGO, die kein Vermögen hat. Sie kann nur ausgeben, was sie durch Investitionen verdient. Nehmen wir weiter an, diese NGO investiert 10.000 Euro erhaltene Spenden und nimmt so 20.000 Euro ein. In dem Fall ist der Verwaltungskostenanteil 33 Prozent. Investiert die NGO davon wieder 10.000 Euro und bekommt noch mal 20.000 Euro, so hat sie insgesamt 20.000 Euro investiert und kann nun 30.000 Euro für Projekte ausgeben. Der Investitionskostenanteil beträgt also 40 Prozent. (20.000 Euro Investition von 50.000 Euro Gesamtausgaben.) Durch die zweite Investition steigen die Projektausgaben um 10.000 Euro, das heißt 33 Prozent. Der Investitionskostenanteil steigt auch, um 7 Prozent. Betrachtet man das Beispiel, müsste man also vermuten, dass ein hoher Investitionskostenanteil gut ist. Natürlich stimmt das so nicht. Eine Investition ist immer nur dann sinnvoll, wenn sie (zumindest langfristig) keinen Verlust macht. Eine fast schon banale Feststellung. Ebenso einfach ist die Feststellung, dass ein Investitionskostenanteil darüber nichts aussagen kann. Ob er sinkt oder steigt, ist kein eindeutiger Indikator dafür, ob lohnende Investitionen gemacht wurden oder nicht. Er ist als Kennzahl daher praktisch nutzlos.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Hier soll nicht Verschwendung oder unnötig riskanten Ausgaben das Wort geredet werden. Ein hoher Verwaltungs- und Investitionskostenanteil ist sicher ein Anlass, genauer hin zu schauen und vielleicht auch unangenehme Fragen zu stellen. Er ist aber für sich genommen noch kein Beleg für ineffizientes Arbeiten. Umgekehrt ist ein sehr niedriger Verwaltungs- und Investitionskostenanteil von zum Beispiel vier Prozent kein Beweis, aber ein Hinweis dafür, dass eine NGO Geld verschwendet, weil sie auf Einnahmen verzichtet. Auch hier sollte man genauer hinschauen und unbequeme Fragen stellen.

Ein festes Kosten/Einnahmen-Verhältnis kann keine sinnvolle Kennzahl für die Arbeit von NGOs sein. Er schadet den Organisationen und der guten Sache, weil er NGOs dazu verleitet nicht genug zu investieren und daher nicht das für ihre Projekte ausgeben können, was eigentlich möglich wäre. NGOs beschränken sich selbst, um einen guten Verwaltungskostenanteil zu haben. Das ist die große Ironie der Verwaltungskostendiskussion. Während sie vorgibt, möglichst viel Geld würde in die Projekte gehen, verhindert sie genau das. Oder wie Ken Burnett es auf den Punkt gebracht hat: „An average cost ratio target is about how little you spend, not about how much you get done.“

 

Andreas Berg Andreas Berg ist seit 17 Jahren Fundraiser und gilt als Spezialist für Datenanalysen, Strategieberatung und Database Fundrasing. Seit 2012 steht er NGOs als unabhängiger Berater zur Seite.

www.andreasberg.net

 

(Bild: Rainer Sturm - pixelio.de, PR)

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